Katzenprobleme und Problemkatzen
Es ist noch nicht allzu lange her, da galten Katzen als reinliche Einzelgänger, die mehr am Haus als am Menschen hängen. Mittlerweile entdecken wir zunehmend ihre Fähigkeit, mit Artgenossen, Hunden und Menschen zusammenzuleben und enge Beziehungen zu knüpfen. Aber was der einen Katze gefällt und gut tut, lässt eine andere die Flucht ergreifen, angreifen, ein Bächlein hinterlassen oder sich das Fell ausrupfen oder noch anders reagieren; Katzen sind Individualisten.
Erstaunlich viele Probleme im Zusammenleben mit Katzen lassen sich durch Änderungen im Umgang oder in ihrem Lebensraum lösen. Andere sind schwieriger, entweder schwerer zu finden oder mit einigem Aufwand zu beheben oder – das sage ich nach 25 Jahren Beratungserfahrung – gar nicht.
Der Schlüssel für eine optimale Beratung ist eine genaue Verhaltensanalyse, um die individuellen Eigenschaften bzw. die Persönlichkeit der Katze zu erfassen. Und Empathie für alle Beteiligten, weil Gefühle bei solchen Problemen immer eine große Rolle spielen. Beides setze ich gerne ein.
Es gibt auch erstaunlich viele Probleme, die Katzen bereiten können – und viele, unter denen Katzen leiden. Die häufigsten Beratungen betreffen die Themen Unsauberkeit und Harnmarkieren, Furcht und Ängstlichkeit sowie aggressives Verhalten und Unverträglichkeit, meistens mit ihresgleichen. Dazu finden Sie gleich hier allgemeine Infos, aber auch Antworten auf häufige Fragen.
Kratzen an Möbeln, Türen, Teppichen, ...
Das Kratzen oder Krallen-wetzen gehört zu Körperpflege und Markieren, ist also natürliches Verhalten. Dabei werden die Krallen der Vorderpfoten gepflegt und funktionstüchtig gehalten und das Revier mit dem Geruch ihrer Pfoten markiert. Krallen kommen beim Rennen und Klettern zum Einsatz, aber auch beim "Nahkampf" mit Artgenossen, Beutetieren und Spielzeugen.
Dementsprechend "treten" manche Katzen, vor allem junge, auch die Sofa- oder Sessellehne mit den Hinterbeinen, wenn sie ihre "wilden fünf Minuten" ausleben. Das Krallenwetzen mit den Vorderpfoten wird sehr oft im sozialen Kontext gezeigt. Es ist eine sicht- und riechbare Visitenkarte, weil die Katze außer Kratzspuren auch Duftstoffe in Form ihres invidivuellen Pfotengeruchs hinterlässt. Für diese Markierungen suchen Katzen meist mehrere, aber immer dieselben Gegenstände auf, die meist im Kernbereich des Territoriums (Revier 1. Ordnung) an gut zugänglichen Stellen liegen. Und die Duftspuren werden regelmäßig aufgefrischt, damit sie auch langfristig "lesbar" sind.
Kratzmöbel sind hilfreich
Kratzen (und auch Klettern) ist also natürliches Verhalten, für das entsprechende Möbel benötigt werden. Die Freigänger unter den Hauskatzen können ihre bevorzugten Kratzgelegenheiten draußen fast beliebig wählen – freuen sich aber auch über solche Möglichkeiten innerhalb des Hauses, v.a. in der Nähe "zu beeindruckender" Sozialpartner. Ausschließlich in der Wohnung lebende Katzen haben diese Wahl nicht. Wenn Sie also nicht möchten, dass Ihr Ledersofa langsam aber sicher zum Wildledersofa mutiert, kaufen oder bauen Sie mindestens einen Kratzbaum. Stabil muss er sein, weil der Umgang mit wackelnden Kratzmöbeln für Katzen gewöhnungsbedürftig ist und manche unterwegs aufgeben und das stabile Sofa besser finden.
Es dürfen auch gerne mehrere Kratzmöbel sein, weil Katzen sie auch zu unterschiedlichen "Anlässen" nutzen, z.B. als Lockerungsübung nach Nickerchen oder Mahlzeit, zur Spielaufforderung an Katze oder Mensch, zum Abreagieren beim Anblick anderer Katzen hinter dem Fenster oder Frustabbau, wenn es nicht so läuft wie erwartet. Es müssen auch keine großen Kratzlandschaften sein, die meisten Katzen nehmen auch gerne Kratzpappen, -matten oder -bretter an. Sehr beliebt sind auch deckenhohe Kratzpfosten, die nicht nur stabil sind, sondern auch erlauben, dass sich die Katze beim Kratzen maximal strecken kann – size matters manchmal.
Das Kratzen an nicht dafür vorgesehenen Stellen kann aber auch erlernt sein, z.B. als Aufmerksamkeit forderndes Verhalten. Achten Sie also darauf, nicht mit Ihrer Katze zu spielen, während sie Ihr Sofa malträtiert.
Solche Lernvorgänge sind nicht unwillkürlich, sondern können von sehr vielen Faktoren beeinflusst werden, u.a. vom Charakter der Katze und von der Beziehung zwischen Ihnen beiden. Über das Thema "So lernen Katzen" können Sie sich ausführlicher in meinem Seminar informieren.
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Unsauberkeit und Harnmarkieren
Das Absetzen von Harn oder Kot an ungeeigneten Stellen wird oft als Unsauberkeit bezeichnet. Es ist das häufigste Problem, mit dem Katzenhalter Experten aufsuchen, und auch eines der schwierigsten, da dieses Verhalten eine Vielzahl von verschiedenen Ursachen haben kann. Gleiches gilt für Harnmarkieren, das zur Kommunikation gehört, aber nicht immer leicht vom Harnabsatz zu unterscheiden ist.
In einem Mehr-Katzen-Haushalt muss vor einer Therapie der Katze/n zunächst unbedingt sichergestellt werden, wer der oder die Verursacher/in ist. Selbst wenn Sie eine Katze in flagranti erwischen, kann es sehr gut möglich sein, dass noch eine andere tätig ist und die erwischte Katze nur ein "Mitläufer".
Bei allen flüssigen Hinterlassenschaften unterscheidet man zwischen Harn-Absetzen und Harn-Spritzen (Markieren), die unterschiedlichen Funktionskreisen des Verhaltens angehören.
Harn-Absetzen
Die Katze macht ein Bächlein außerhalb des Katzenklos, das Katzenklo wird nicht mehr oder nur noch selten zum Urinieren aufgesucht. Man findet die Pfützen offen oder versteckt, es werden aber nur liegende Gegenstände verschmutzt, z.B. Badematte oder Kleidung, oder der Boden selbst. Das Urinieren außerhalb des Katzenklos wird oft von weiteren Änderungen im Verhalten der Katze begleitet, z.B. Unsicherheit, Ängstlichkeit.
Zunächst muss eine organische Erkrankung ausgeschlossen werden, z.B. FUS (Felines Urologisches Syndrom) bzw. FLUTD (Feline Lower Urinary Tract Disease). Dringend ist dies anzuraten, wenn kleine Mengen Harn abgesetzt werden, die vielleicht sogar rötlich-braun gefärbt sind. Wenden Sie sich zuerst an Ihren Tierarzt! Bis Ihre Katze sich wieder erholt hat, sollten Sie weitere Katzenklos aufstellen, so dass sie es nie besonders weit zum nächsten "Örtchen" hat.
Die häufigsten psychischen Ursachen entstehen durch "Katzenklo-Probleme", z.B. zu wenig Örtlichkeiten. Gönnen Sie Ihrer Einzelkatze zwei Katzenklos und bringen Sie in einem Mehr-Katzen-Haushalt immer ein Klo mehr unter, als Katzen bei Ihnen wohnen (4 Katzen: 5 Katzenklos). Außerdem können Einstreu, zu seltener oder zu häufiger Wechsel der Streu oder die Abdeckung weitere Kriterien sein, die Ihre Katze abschrecken, die Klos können ungünstig stehen, zu weit entfernt oder an einer Stelle, an der die Katze sich gestört fühlt, um nur einige mögliche Ursachen des "fehlgeleiteten" Eliminationsverhaltens zu nennen.
Harn-Spritzen
wird allgemein Markieren genannt. Hierbei wird das Katzenklo weiterhin benutzt, außerhalb des Katzenklos findet man (meist nur wenig) Urin an bevorzugt senkrechten Gegenständen, z.B. Türrahmen, Haus- oder Wandecken, Stuhl- oder Tischbeinen o.ä. Die "Tätigkeit" wird meist mit einer sehr charakteristischen Körperstellung und Verhaltensweise ausgeübt: Die Katze wendet ihr Hinterteil mit leicht gekrümmtem Rücken und aufgerichtetem Schwanz einem Objekt zu, hebt mehrmals abwechselnd und langsam die Hinterbeine, die Schwanzspitze zittert oder zuckt. Es wird ein Urinstrahl nach hinten abgegeben. Kätzinnen können auch in normaler "Pinkelstellung" harnspritzen. Die so behandelte Stelle wird – im Gegensatz zum Harn-Absetzen – anschließend nicht beschnuppert.
Das Harn-Spritzen gehört zu den natürlichen Verhaltensweisen der Katzen, durch das sie mit Artgenossen kommunizieren und ihre Reviere markieren. Es wird am häufigsten von intakten (unkastrierten und unsterilisierten) Tieren gezeigt (Kater häufiger als Katzen) und tritt nach einer Kastration mit nur noch etwa 10%-iger Wahrscheinlichkeit auf.
Aber auch kastrierte Katzen können harnspritzen. In Haushalten mit mehr als 10 Katzen wird mit Sicherheit mindestens eine Katze Ihre Wohnung "beduften", auch wenn alle kastriert sind. Die Wahrscheinlichkeit steigt also mit der Anzahl gemeinsam gehaltener Katzen, und auch die Katzendichte in der Nachbarschaft übt hier unter Umständen einen Einfluss aus.
Als mögliche Ursache kommt jede Änderung im Lebensumfeld der Katze in Betracht, die sie verunsichert, z.B. neue oder umgestellte Möbel, neue/r Partner/in oder sonstiger Familienzuwachs, auch ein neues Haustier. Es hat daher wenig Sinn, die Katze zu schimpfen oder sie zu schlagen, da Sie nur die Beziehung zu Ihrer Katze negativ beeinflussen! Die Katze mit ihrer Nase in die Pfütze zu tunken oder pressen, ist eine wirkungslose und beziehungsschädigende Unart mancher Halter. Auch eine anonyme Bestrafung wird wahrscheinlich nur dazu führen, dass der Ort des Geschehens gewechselt wird. Es gilt also, die Ursache zu finden und möglichst zu beseitigen. Für den Mehr-Katzen-Haushalt kann dies unter Umständen bedeuten, die Anzahl der Katzen zu verringern, wenn eine Verbesserung ihrer Beziehungen nicht möglich oder der Platz für alle zu knapp ist.
Kot-Absetzen
außerhalb des Katzenklos hängt – wie auch das Harn-Absetzen – hauptsächlich zusammen mit einem der oben genannten "Katzenklo-Probleme" oder mit organischen Problemen, z. B. Durchfall. Das weitere Vorgehen ist klar: zunächst der Gang zum Tierarzt, um die Erkrankung behandeln zu lassen. Einige Katzen neigen jedoch auch dazu, ihr Territorium mit Kot zu markieren. Hier ist eine nähere Diagnose hilfreich.
Schnell reagieren
Katzenurin und Kot hat auf die meisten Materialien eine verheerende Wirkung und ist nach mehrmaliger "Deponierung" nur schwer wieder völlig zu entfernen. Da der Uringeruch Katzen motiviert, diese Stelle/n auch weiterhin als Klo zu benutzen, empfiehlt es sich, das Verhaltensproblem schnell zu lösen, zumal eine Therapie meist umso langwieriger wird, je länger das Problemverhalten besteht und zur Gewohnheit wurde.
Schutz der verunreinigten Stellen
Beseitigen Sie die Exkremente und reinigen Sie die Stellen mit Neutral- und Enzymreiniger; mit ammoniakhaltigen Mitteln erreichen Sie durch deren Ähnlichkeit mit Harn den gegenteiligen Effekt. Schützen Sie Möbel oder Böden durch Folien, die ein Einsickern von Harn verhindern. Dies entspannt die Situation für den Moment, so dass nötige verhaltenstherapeutische Maßnahmen Zeit haben zu greifen, ohne dass sich Ihre Beziehung zur Katze (weiter) verschlechtert.
Vogeljagd
Als geborene Jäger unterscheiden Katzen nicht zwischen guter und schlechter Beute, zwischen schützenswerten und schädlichen Tieren. Sie können sicher eine Schwalbe von einer Wühlmaus unterscheiden, aber sie sehen in beiden eine potenzielle Nahrung – ohne jegliche menschliche, moralische und ethische Bedenken.
Vögel sind für Katzen nur schwer zu erbeuten, da sie meistens davonhüpfen oder -fliegen, bevor die Katze zum Zuge kommt. Trotzdem fangen manche Katzen erstaunlich viele Singvögel. In der Regel sind dies kranke oder noch nicht voll flugfähige Tiere.
Eher eine Frage des Wo als des Wie und Wieso
Die meisten Katzen sind aber nur durch eine besonders günstige, örtliche Gegebenheit erfolgreiche Vogeljäger, etwa an einem Vogelbad mit einer nahen, guten Deckung für die Katze, oder an einem für sie gut erreichbaren Vogelfutterhäuschen.
Vogelschutz
Wenn Sie der Meinung sind, Ihre – oder eine – Katze würde zu viele Vögel fangen, dann verfolgen und beobachten Sie sie doch einmal und "entschärfen" ihren Ansitz, indem Sie etwa die Deckung entfernen, das Futterhäuschen höher hängen bzw. für die Katze unerreichbar.
Strukturieren Sie Ihren Garten mit vielen Bäumen, Sträuchern und Büschen, gerne dornigen, und einem etwas "unordentlichen" Wildwuchs in wenigstens einem Teil des Gartens. Dies bietet gute Verstecke und geschützte Nistmöglichkeiten für viele Tierarten, nicht nur Vögel, die dort besser vor den Zugriffen durch Katzen und andere Beutegreifer geschützt sind. Hier haben auch in katzenreichen Vororten die Singvögel eine gute Chance, sich zu vermehren, anstatt gefangen und gelegentlich mit ins Haus gebracht zu werden. Übrigens nimmt der Bestand einer bestimmten Tierart erst dann ab, wenn jedes Paar in seinem gesamten Leben weniger als zwei Nachkommen aufzieht, die bis zu ihrer Geschlechtsreife überleben. Diese Gefahr besteht auf Inseln (incl. Australien und Neuseeland), jedoch kaum auf Kontinenten. Dort sehen selbst Vogelschützer die größte Bedrohung unserer Vogelwelt nicht durch Hauskatzen, sondern Pestizide, die ihre Nahrung und damit v.a. Jungvögel vergiften, sofern es überhaupt noch ausreichend Insekten für die Vögel zu erbeuten gibt.
Mäuse im Haus
Wildkatzen und verwilderte Hauskatzen verspeisen ihre Beute normalerweise direkt vor Ort. Katzenmütter bringen die gefangenen, meist noch lebenden Mäuse zu ihren Jungen, sobald diese etwa vier Wochen alt sind und erste feste Nahrung fressen können. Aber auch kastrierte Kätzinnen sowie Kater bringen gelegentlich oder sogar oft Beutetiere in Haus oder Wohnung, vor allem wenn sie mit einer Katzenklappe eine eigene Türe besitzen.
Die übliche Meinung, Katzen bringen uns ihre Beute als Geschenk, weil wir offenbar schlechte Jäger sind, hakt. Sie ist aber nicht völlig von der Hand zu weisen, zumal sich solche "Geschenke" oft morgens auf dem Bettvorleger finden oder lautstark mit dem "Mäuseruf" angkündigt werden, wie gegenüber dem eigenen Nachwuchs.
Katzenkundige Erklärung
Eine andere Erklärung liefert die größere Sicherheit, die Katzen in Haus oder Wohnung als Kernzone ihres Territoriums finden. Hier können sie sich ungestört und ausgiebig dem Objekt ihrer Begierde widmen, die Beute durch Spiel erkunden oder in Ruhe fressen, so wie sie es vom Futternapf kennen. Hinweise darauf liefern die Beobachtungen, dass auch unsere Hauskatzen gewöhnliche oder "langweilige" Beute wie Insekten oder Jungmäuse häufig sofort nach dem Fangen noch vor Ort fressen, während ungewöhnliche oder "spannende" Beute wie größere, aber selten erbeutete Mäuse, Mauswiesel, Vögel, Amphibien, Reptilien etc. ins Haus gebracht werden. Wenn eine satte Katze einen schnellen Jagderfolg genießen konnte, bleiben viele Beutetiere ebenfalls unbeachtet im Haus liegen.
Übrigens bringen kluge Katzen keine Mäuse mehr ins Haus, wenn die ihnen regelmäßig von einer Mitkatze abgenommen werden ...