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Wer ist Luna, wer ist Felix? Wann Katzen ihre und unsere Namen kennen

Dass Katzen und Menschen sich verständigen können, ist unbestritten. Nur der Grad ist noch offen, denn die Kommunikation zwischen beiden Arten ist erst ansatzweise erforscht. Zwei neue Studien liefern weitere Puzzlesteine zur großen Frage, welche unserer Vokabeln Katzen überhaupt verstehen, genau genommen ihre eigenen Namen und die von Familienmitgliedern. Wie so oft und bei den Individualisten üblich, sind nicht alle Ergebnisse überwältigend eindeutig, sondern hängen vom Individuum und seinem Lebensstil ab. Erstaunlich sind sie trotzdem, weil die WissenschaftlerInnen auch Hinweise fanden, warum manche Katzen die Namen kennen und andere nicht.

Man kennt sich, auch namentlich

Bisherige Forschungsergebnisse

Obwohl die Hauskatze von einem Einzelgänger abstammt, der Falbkatze Felis lybica, und erst seit weniger als 10.000 Jahren näher mit Menschen zusammenlebt, zeigt sie erstaunlich viele soziale kognitive Fähigkeiten. Viele Katzen verstehen uns, wenn wir mit dem Finger auf etwas Wichtiges zeigen, v.a. ein Futterversteck, oder dorthin schauen. Im Gegensatz zu Hunden schauen uns allerdings nur wenige Katzen hilfesuchend an, wenn das Futter unerreichbar ist. Genau dies machen sie immerhin, wenn ein beängstigendes Objekt in ihrem Heim auftaucht, und viele orientieren sich dann an den Reaktionen ihrer Bezugsperson und sind ebenfalls beruhigt oder alarmiert. Einige Katzen reagieren außerdem sensibel auf Emotionen „ihrer“ Menschen, d.h. Ärger oder Freude, oder deren Stimmung.

Und sie können die Stimme ihres Lieblingsmenschen von denen fremder Personen unterscheiden. Manche Katzen reagieren sogar unterschiedlich, wenn sie ein Bild ihres Menschen sehen, kurz nachdem sie seine Stimme (aus einem Lautsprecher) hörten – oder die eines Fremden –, zeigen sich irritiert, wenn beides nicht übereinstimmt.

Diese Forschungsergebnisse belegen, dass Hauskatzen in der Lage sind, menschliche Gesten, Gesichtsausdrücke und einige sprachliche Hinweise zu verstehen. Aber auch, dass nicht alle in diesen Disziplinen gut abschneiden – typisch Katze.

Ich weiß, wie ich heiße

Das Team um Atsuko Saito beschäftigte sich mit der Frage, ob Katzen ihren eigenen Namen von denen ihrer kätzischen Mitbewohner unterscheiden können, und von anderen Wörtern, die ihnen bekannt waren und sich in Bezug auf Länge und Betonung ähnlich wie ihr Name anhörten. Die WissenschaftlerInnen gingen davon aus, dass Katzen ihren eigenen Namen häufig hören und v.a. im Zusammenhang mit angenehmen Folgen wie Futter, Streicheln und Spiel. Durch diese Verknüpfungen sagt ihnen dieses spezielle Wort etwas und sie reagieren darauf, so die (berechtigte) Annahme.

Die Experimente

Getestet wurden Katzen, die in normalen Haushalten oder in einem Katzencafé lebten. Dabei gab es noch einen zusätzlichen Schwierigkeitsgrad: In einigen Experimenten hörten die Katzen die Testwörter von ihren Bezugspersonen, in anderen von fremden Personen.

In einer ersten Testreihe wurden die bekannten „nur-so-Wörter“ mehrmals hintereinander wiederholt, gefolgt vom Namen der Testkatze. In der nächsten Testreihe wurden die Namen der Mitkatzen mehrmals wiederholt, wieder gefolgt vom Namen der Testkatze.

Die Reaktionen

Die Katzen aus normalen Haushalten reagierten nach mehreren Wiederholungen der „nur-so-Wörter“ nicht mehr auf sie, aber anschließend deutlich auf ihren eigenen Namen. Die Reaktionen fielen zwar im Vergleich zu Hunden mäßig aus, und zwar mit Zuwenden, statt Miauen. Trotzdem zeigten sie dadurch, dass ihr eigener Name für sie eine größere Bedeutung hat als die der anderen Wörter, bei denen eine Habituation (Gewöhnung) stattfand, sogar wenn eine fremde Person die Katze ansprach.

Ihre Gewöhnung an die Namen der Artgenossen fiel weniger gravierend aus, aber immer noch deutlich, weil viele Katzen anschließend wieder auf ihren eigenen reagierten. Im Privathaushalt werden üblicherweise alle Katzen mit Namen gerufen, bevor es etwas Angenehmes gibt, v.a. Leckereien, deshalb reagieren sie eher auch auf die Namen der anderen – man will schließlich nichts Wichtiges verpassen.

Katzenkundige Erklärung: Nach einigen Wiederholungen <Name + Essen> verknüpfen Katzen diesen Namen mit Essen, aber natürlich auch andere Namen und Begriffe im Zusammenhang mit Leckereien.
Übrigens: Wenn eine Katze ihren Namen nur in Verbindung mit Futter hört, kommt sie nur dann zuverlässig, wenn sie hungrig ist.

Die Katzencafé-Katzen unterschieden ebenfalls deutlich zwischen den „nur-so-Wörtern“ und ihren eigenen Namen, aber nicht zwischen ihrem Namen und denen der anderen Cafékatzen. Eine mögliche Erklärung liegt in der sozialen Umgebung, die sich von Privathaushalten unterscheidet: In den meisten Katzencafés leben i.d.R. mehr Katzen. Und sie werden von vielen BesucherInnen angesprochen, aber wenn Katze B anstatt der gerufenen Katze A kommt, wird auch sie gestreichelt. Die AutorInnen sind bei diesem Teilergebnis ihrer Studie allerdings zurückhaltend, weil nur die Katzen eines einzigen Cafés teilnahmen. Ich gehe davon aus, dass in den meisten Katzencafés die BewohnerInnen nicht von BesucherInnen gefüttert werden dürfen. Wenn sie ihren Namen hören, folgen i.d.R. also „nur“ Streicheln und Aufmerksamkeit. Das Futter wird dagegen von den Pflegekräften und wahrscheinlich ohne namentliche Nennung gereicht, oder nachdem man alle ruft. Was dazu führt, dass alle Namen wichtig sind und gelernt werden.

Ich weiß, wie Du heißt

In dieser Studie testeten Saho Takagi und ihre KollegInnen Katzen, ob sie einen bestimmten Begriff mit einem zugehörigen, bekannten „Objekt“ aus ihrem Umfeld verknüpfen können. In ihren Experimenten fragten sie nach der Verknüpfung zwischen Namen und Bildern von bestimmten Individuen, die den Testkatzen bekannt waren. Dadurch konnte ein aufwändiges Training mit Objekten und Belohnung vermieden werden.

Die Experimente

Ihr erstes Experiment drehte sich um die Namen kätzischer Mitbewohner und einem Bild. Die Katzen hörten zuerst mehrmals einen Namen, bevor das Bild auf einem Laptop gezeigt wurde – entweder das richtige Foto zum Namen oder das einer anderen Mitbewohnerin. Etwa die Hälfte der Testkatzen lebte in Privathaushalten, die andere in einem Katzencafé, die Namen hörten sie von ihren Bezugspersonen.

Im zweiten Experiment wurden die Namen von menschlichen Familienmitgliedern und einem Portrait getestet, wieder eine Hälfte mit übereinstimmenden Namen und Personen, die andere Hälfte mit dem Bild eines anderen Familienmitglieds. Diese Testkatzen lebten in normalen Haushalten mit entweder nur zwei Menschen oder in größeren Familien, die Namen hörten sie von einer fremden Person.

Die WissenschaftlerInnen verglichen die Reaktion der Testkatzen auf den passenden Namen zum Foto mit der, wenn nach dem Namen ein Bild vom falschen Individuum erschien. Sie gingen davon aus, dass sie Dauer des Blicks auf den Monitor die Erwartungen der Katze widerspiegelt. Das heißt, dass die Katzen bei fehlender Übereinstimmung länger auf den Monitor schauen, weil ihre Erwartungen enttäuscht werden bzw. sie irritiert sind.

Die Reaktionen

Im Experiment mit kätzischen MitbewohnerInnen schauten die Testkatzen aus Privathaushalten tatsächlich länger aufmerksam auf den Monitor, wenn das falsche Bild zum Namen gezeigt wurde. Dies entsprach der Annahme der AutorInnen, dass die Erwartungen der Katzen nicht erfüllt wurden („das stimmt doch gar nicht“) und dass sie eine genaue Vorstellung von Name und zugehöriger Katze hatten.
Die meisten Katzencafékatzen reagierten allerdings gleich, egal ob das Bild zum Namen passte oder nicht. Dieses Ergebnis passt zu der oben erwähnten Studie, in der die Carékatzen offensichtlich keinen Unterschied zwischen ihrem eigenen und den Namen der anderen BewohnerInnen sahen. Möglich ist, dass die Umgebung eines Katzencafés und die Interaktionen zwischen Menschen und Katzen zu komplex sind, um diese speziellen Zusammenhänge zu lernen.

Auch im Experiment mit menschlichen MitbewohnerInnen reagierten die Katzen (alle aus Privathaushalten) bei fehlender Übereinstimmung irritiert, blickten länger zum Monitor. Dabei schauten sie umso länger aufmerksam, je größer die Familie war, in der sie lebten. Allerdings war dieser Effekt auch stärker, je länger die Katzen dort lebten, also je mehr Gelegenheiten sie hatten, alle Namen zu lernen. Der Hintergrund ist wahrscheinlich, dass sich in Großfamilien die Mitglieder häufiger mit Namen ansprechen als in Zwei-Personen-Haushalten.

Diese interessanten Experimente zeigen, dass Katzen viele menschliche Vokabeln lernen können. Mit etwas Geschick und Geduld kennen sie bald ihre/n eigenen Namen und die ihrer Mitbewohner. Entscheidend ist, dass sie die wichtigen Vokabeln häufig im Zusammenhang mit Interaktionen hören. Aber wir kennen erst wenige Details über die Lernformen, die dahinter stecken, also wie Katzen diese Informationen verknüpfen. Nach wie vor geben sie uns viele Rätsel auf.

Quellen:

Saito, A., K. Shinozuka, Y. Ito & T. Hasegawa (2019): Domestic cats (Felis catus) discriminate their names from other words. – Scientific Reports, 9: 5394. https://doi.org/10.1038/s41598-019-40616-4

Takagi, S., A. Saito, M. Arahori, H. Chijiiwa, H. Koyasu, M. Nagasawa, T. Kikusui, K. Fujita & H. Kuroshima (2022): Cats learn the names of their friend cats in their daily lives. – Scientific Reports, 12: 6155. https://doi.org/10.1038/s41598-022-10261-5

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