Katze-Mensch-Spiele unter die Lupe genommen
Spielende Katzen sind der Hit, nicht nur im Internet. Immerhin hat das Spiel für Katzen Vorteile, es zeigt an, dass es ihnen gut geht, im Zweifelsfall verbessert es ihr Wohlbefinden. Bei jungen Katzen schult das Spiel mit Artgenossen soziale Fähigkeiten wie Frustrationstoleranz, Impulskontrolle, Kooperation und Kommunikation. Im Zuge der Sozialisation gegenüber Menschen profitieren außerdem ihre allgemeinen kognitiven Fähigkeiten. Wissenschaftler:innen hatten schon Katzen und ihre bevorzugten Spielzeuge untersucht, aber jetzt erst nahmen sie das wichtige Zusammenspiel von Katze und Mensch detailliert unter die Lupe.
Das Studiendesign
Dazu werteten die Autor:innen um Julia S.L. Henning von der Uni Adelaide (Australien) Fragebögen von 1.591 Katzenhalter:innen (im Folgenden nur der Einfachheit halber Halter genannt) aus 55 Ländern aus. Gefragt wurden nach der Art der Spiele und die Dauer des Spielens, sowohl während des ganzen Tages als auch jeder Spielsession. Außerdem sammelten die Forscher:innen Daten, die Aufschluss über die Lebensqualität der Katze geben, über die Qualität der Beziehung und über die Verspieltheit der Halter.
Die Lebensqualität der Katzen wurde durch Fragen nach z.B. ihrer Gesundheit, Schmerzsymptomen, Putzverhalten und Fellzustand, Aktivität und Interesse an ihrer Umwelt beurteilt.
Die Beziehungsqualität beurteilten die Wissenschaftler:innen durch Fragen nach Interaktionen, der empfundenen emotionalen Verbundenheit, z.B. wie oft man mit der Katze spricht, und dem empfundenen Aufwand der Katzenhaltung.
Zur Beurteilung der Verspieltheit der Halter dienten Fragen nach der Motivation, d.h. ob Spaß und Freude im Vordergrund standen, Unbefangenheit oder Spontanität.
Die Dauer des Spiels
Die Halter spielten täglich durchschnittlich 45 Minuten mit ihrer (einer) Katze, einige gar nicht, andere fünf Stunden. Jede Spielsession dauerte durchschnittlich 15 Min., maximal 2,5 Stunden. Als nachteilig zeigte sich hier die fehlende Definition von Spiel, v.a. ob Schmusen und Streicheln dazu gehören wie das Werfen oder Bewegen von Objekten. Außerdem gaben in dieser Studie viele Teilnehmer an, wegen der Pandemie zuhause zu arbeiten. Auch viele meiner Kunden berichten, dass ihre Homeoffice-Zeit auch mehr Zeit für die Katzen bietet und damit mehr Zeit für Spiele. Trotz dieser Einschränkungen waren die weiteren Ergebnisse spannend.
Sowohl die tägliche Spielzeit als auch die der einzelnen Spielsessions waren länger, wenn
- die Katze noch recht jung war
- der Halter mehrere unterschiedliche Spiele im Repertoire hatte
- der Halter eine enge Beziehung zu seiner Katze angab.
Nur die tägliche Spieldauer war länger, wenn
- der Halter noch recht jung war
- die Katze als sehr verspielt eingeschätzt wurde
- die Katze im Spiel den Menschen schon verletzt hatte
- sowohl Katze als auch Mensch das Spiel begannen
- der Katze mehr Ressourcen (v.a. einrichtungstechnisch) zur Verfügung standen.
Nur die Spielsessions dauerten länger, wenn
- die Katze nur wenige Stunden pro Woche allein gelassen wurde
- der Halter selbst einen hohen "Verspieltheitswert" angab.
Die Anzahl der Katzen im Haushalt wirkte sich übrigens nicht auf die Spielzeit aus, d.h. mit der Einzelkatze spielt der durchschnittliche Halter nicht häufiger oder länger als mit Katzen im Zwei- oder Multikatzenhaushalt.
Einfluss des Alters
Einige Ergebnisse sind offensichtlich. Dass das Alter sich auf die Spielzeit auswirkt, liegt nahe. Bei Menschen ab etwa 55 Jahren sprechen immer mehr gesundheitliche Aspekte gegen Spiele mit Katzen, z.B. nachlassende Energie und Beweglichkeit oder Schmerzen. Ähnlich geht es älteren Katzen, bei denen ebenfalls Schmerzen, steife Gelenke und eingeschränkte Beweglichkeit ein ausgelassenes Spiel eher einschränken.
Einfluss der Lebensfreude
Generell spielen Menschen länger am Stück mit ihrer Katze, die Freude als wertvollen Lebensinhalt angeben, nicht nur für sich selbst, sondern auch für ihre Katze. Dass Katzen sich beim Spielen wohl fühlen, zeigen ihre Körpersprache und die Zufriedenheit, die sie dann ausstrahlen. Ob Freude für (manche) Katzen ein Lebensinhalt ist, bleibt spekulativ, lässt sich aber leicht vermuten.
Einfluss des Anstifters
Das tägliche Spiel dauert länger, wenn beide Parteien eine Session starten können. Das zeigt, dass sich beide gut verstehen. Immerhin profitieren auch beide davon, dass der Mensch seine Katze so gut "lesen" kann, dass er einerseits auf ihre Aufforderungen eingeht und andererseits weiß, wann sie darauf anspringt. Das ist wichtig zu wissen, weil dadurch Vertrauen und das Gefühl von Sicherheit wachsen.
Einfluss der "Spielesammlung"
Abwechslung ist das halbe Leben. Viele Katzen langweilen sich nach einer gewissen Zeit mit demselben Objekt oder denselben Aktionen. Das Spielen mit Katzen kann man schön in die Länge ziehen, wenn es durch wechselnde Inhalte interessant bleibt. Diese Wechsel verbessern auch die Kommunikation zwischen Katze und Mensch, weil beide die Hinweise des anderen verstehen lernen und auch unterschiedliche Regeln der einzelnen Spiele. Dann entstehen schnell neue Spiele und die Zeit fliegt nur so dahin. Die Autor:innen dieser Studie gehen davon aus, dass das Mensch-Katze-Spiel ein kreativer, sozialer Prozess ist und je besser beide darin sind, desto variabler sind die Spiele und desto länger spielt man miteinander.
Einfluss der Beziehung
Dass Menschen, die eine enge Bindung zu ihren Katzen haben, häufiger mit ihnen spielen, ist nicht erstaunlich. Einerseits spielen Menschen lieber mit Katzen, mit denen sie sich sehr verbunden fühlen, andererseits stärkt das Spiel die Verbundenheit. Hier beißt sich die Katze in den Schwanz – im positiven Sinne. Dazu kommt, dass Katzen in ausschließlicher Haushaltung stärker von "ihren" Menschen abhängig sind als Freigänger. Die Verantwortung macht sich bei ihnen noch stärker bemerkbar, im Zweifelsfall durch ausgiebige Spiele.
Einfluss von Verletzungen beim Katzenspiel
Obwohl einige Umfrageteilnehmer angaben, aus diesem Grund nicht oder nur selten mit ihrer Katze zu spielen, beschäftigen sich erstaunlich viele Menschen mit einer "Verletzungsgeschichte" täglich länger spielend mit ihren Katzen. Die Autor:innen vermuten hier einen indirekten Zusammenhang, nämlich dass bei längeren Spielen auch die Wahrscheinlichkeit von Kratzern zunimmt. Und sie regen an, sich detaillierter über die Körpersprache von Katzen zu informieren und über gefahrlose oder -arme Spielarten. Auch wenn man kleine Verletzungen gelassen hinnimmt, verläuft ein unbeschadetes Spiel entspannter, wahrscheinlich auch für die Katze.
Gründe gegen das Spielen
Ein gutes Drittel der Befragten gab an, manchmal nicht mit der Katze zu spielen, etwa wenn sie keine Zeit haben oder nächtliche Spiele der Katze zugunsten der eigenen Nachtruhe ablehnen. Andere häufige Gründe waren Befürchtungen, die Katze würde im Spiel aggressiv oder zu aufgeregt werden, weil solche "Übergriffe" schon stattgefunden hatten und v.a. bei vorliegenden Erkrankungen wie Diabetes (schlechte Blutgerinnung). Auch die eigene Psyche steht einigen Menschen im Weg, etwa während depressiver Schübe und Überforderung, weil das Spiel mit der Katze oft kein Ende findet.
Fazit
Mittlerweile sehen sich viele Menschen als Ersatzeltern ihrer Katzen. In der Tat gibt es einige Übereinstimmungen zwischen Eltern-Kind- und Halter-Katze-Beziehungen. Bei beiden sind erwachsene Menschen für Versorgung und Schutz ihrer Schützlinge zuständig und deren Ausmaß wirkt sich auf ihr Wohlbefinden aus. Auch dessen sind sich viele Menschen heute bewusst und mehr Halter kümmern sich stärker um ihre Samtpfoten als es früher der Fall war.
Die meisten Teilnehmer dieser Umfrage waren Frauen, die wohl allgemein eher bereit sind, auch längere Fragebögen auszufüllen. Deshalb betonen die Autor:innen eine nur eingeschränkte Aussagekraft ihrer Studie. Schließlich ist bekannt, dass Frauen stärker auf Katzen eingehen als Männer. Sie schlagen eine Umfrage mit gleichen Anteilen an Frauen, Männern und Diversen – die am längsten mit Katzen spielen – vor. Letztendlich ist auch eine Studie außerhalb der Pandemie interessant, die einen "normalen" Blick auf diese Fragestellung wirft, v.a. auf die Fragen von Häufigkeit und Dauern von Spielen mit Katzen.
Katzenkundige Empfehlungen: Bleiben Sie jung im Geiste, legen Sie Wert auf Lebensfreude und schulen Sie sich im "Katzen-lesen".
Wenn man im höheren Alter weniger beweglich wird, helfen z.B. stattliche Katzenangeln wie meine umfunktionierte Dressurgerte mit langer Paketkordel, die Katze zu bespaßen, ohne anschließend Muskelkater oder schlimmere Beschwerden zu bekommen. Solche Angeln sorgen auch für die nötige Distanz, falls Katzenkrallen einmal übers Ziel hinaus schießen, und verhindern dadurch Verletzungen.
Begegnen Sie Ihrer Katze immer fröhlich. Katzen nehmen vieles persönlich, auch unsere Ansprache, und reagieren auf freudige Kommentare positiver als auf Problemberichte. Nach einiger Zeit werden Sie feststellen, dass schon der Anblick Ihrer Katze Ihre eigene Stimmung hebt – klassische Konditionierung kann sehr hilfreich sein.
Informieren Sie sich über die Körpersprache von Katzen. Sie sind Individuen und reagieren individuell, aber die Bedeutung von Körperhaltung und -bewegungen sind weitgehend gleich. Und es schadet nie, mehr über seine Mitbewohner zu erfahren.
Quelle:
Henning, J., T. Nielsen, E. Fernandez & S. Hazel (2022): Factors associated with play behavior in human-cat dyads. – Journal of Veterinary Behavior, 52-53(7). doi:10.1016/j.jveb.2022.05.007.